Als ich Silvester in kleiner Runde auf das neue Jahr 2022 anstieß, wünschten wir einander, dass das neue Jahr nicht erneut ein mittleres Jahr werden möge. Mittleres Jahr? Ganz einfach: ein wenig schlechter als das vorangegangene Jahr und dafür etwas besser als das folgende. Gefühlt war es mindestens die letzten 10 Jahre so und nicht anders. Oder kann sich irgendjemand an irgendeine Segnung der sogenannten Eliten erinnern, die ihren Niederschlag in mehr Freiheit und Wohlstand für diejenigen gebracht hätte, die frühmorgens aufstehen, einer sinnvollen, wertschöpfenden Tätigkeit nachgehen und brav ihre Steuergroschen abführen? Also ich nicht. „Bestes Deutschland, das wir je hatten“ – nicht nur, dass sie unser Steuergeld mit vollen Händen aus dem Fenster werfen – nein, sie verhöhnen uns noch.
Zu allem nun noch der Krieg in der Ukraine. Russland ist der Aggressor und setzt sich damit ganz klar ins Unrecht. Der Aufschrei des „Werte-Westens“ und die sofortige Sanktions-Orgie lassen allerdings, lässt man die letzten 70 Jahre Geschichte Revue passieren, Fragen hinsichtlich der Maßstäbe aufkommen. Dazu später. Zunächst einmal könnte man, wenn man hinreichend böswillig ist, dem ganzen Unglück sogar etwas Gutes abgewinnen.
Wir dürfen endlich wieder hassen
Durfte man bisher offiziell nur „Rechte“ hassen, ist nun alles, was irgendwie „russisch“ ist, zum Abschuss freigegeben. Da es bekanntlich mehr Russen als Rechte gibt, ist dem bisher unterdrückten Aggressionstrieb des Hassens nun ein weites Feld eröffnet.
Sofort haben servile Staatsspeichellecker innerhalb unserer freien Gesellschaft Mitglieder von Putins 5. Kolonne ausgemacht. Sofortiges und konsequentes Handeln ist gefordert um weiteren Schaden von Volk und Vaterland…um Gottes Willen, nein, nicht Volk und Vaterland, das waren die anderen von ganz früher … richtig muss es heißen „um ein Zeichen zu setzen“.
Wer nicht bei drei auf dem Baum ist oder sich in Ergebenheits– und Unterwerfungsritualen übt, wird gefeuert. So geschehen mit der Opernsängerin Anna Netrebko und dem Dirigenten Valery Gergiev.
Da kennt der Kultur-Bolschewik keine Gnade. Alles russische muss weg – egal ob Zupfkuchen, Wodka oder die Werke von Fjodor Dostojewski und Alexej Tolstoi. In ihrem teutonischen Furor wird alles abgeräumt.
Der kleine deutsche Michel darf natürlich nicht fehlen. Nachdem ihm zwei Jahre lang klar gemacht wurde, dass er im Grunde Staatseigentum ist, er zum Zeichen dessen eine Gesichtswindel zu tragen hat und im Übrigen auch sonst nur noch vor die Tür gehen darf, wenn seine Herren gute Laune haben, darf er nun als Preis für die Verdrängung, Unterdrückung und Beschränkung seiner Triebe ganz gepflegt die Sau rauslassen. Da werden Kinder, deren Eltern Russlanddeutsche sind, angespuckt, da wird versucht, russische Schulen abzufackeln. Wehe, wenn der Gutmensch losgelassen.
Seinen untergründig gehemmten Hass gibt er als Nächstenliebe aus. Scheinheiligkeit und Sklavenmoral, deren Schwester die Doppelmoral ist. Beispiel gefällig?
Der russische Oligarch und die, deren Namen man nicht nennen darf
Auf die Vermögen und Güter der russischen Oligarchie im Ausland wird Jagd gemacht. Wie heißt es doch gleich? „Wir werden nicht erlauben, dass die russischen Milliardäre ihre, dem russischen Volk geraubten Vermögen, für ein schönes Leben im freien Westen einsetzen“…oder so ähnlich.
Die doppelten Maßstäbe sind erstaunlich. Zunächst einmal ist grundsätzlich nichts dagegen einzuwenden. Auch sind „die Russen“, nun sagen wir mal, mitunter sehr speziell. Wer schon einmal das Auftreten, sich neureich wähnender Russen beim Urlaub im Ausland beobachtet hat, weiß, was ich meine. Wohlhabend geworden, aber Prolet geblieben.
Sieht man westlichen Reichen eher nur an der Uhr oder den Schuhen an, dass da mehr Geld als beim Normalbürger vorhanden ist, sind Russen anders. Sie würden auch in der Wüste gern noch zwei Nerzmäntel übereinander tragen, nur damit jeder sieht, wie reich sie sind. Protzen und Reichtum heraushängen lassen, dass können sie gut.
Während die russische Oligarchie ihre Milliarden die letzten 30 Jahre zusammengerafft hat, gibt es auf der anderen Seite eine Verwandtschaft, die seit Jahrhunderten rafft und für die die neureichen russischen Oligarchen eher die armen Verwandten sind, hochgekommene Prolls.
Und diese Verwandtschaft, die in besonderer Häufung an der nordamerikanischen Ostküste zu Hause ist und deren Namen man nicht nennen darf, hat selbstverständlich ihren Reichtum ehrlich erworben – was denn sonst. Seit Generationen arbeiten und erfinden sie fleißig, schonen sich nicht und legen Silberling auf Silberling beiseite. Niemand würde behaupten, ihr unvorstellbarer Reichtum wäre den Völkern entrissen worden. Alles sauberes Geld. Zwar wurden schon immer alle kriegsführenden Parteien mit Krediten und Waffen bedient, damit das Geschäft möglichst lange blüht…aber sei es drum, im „Werte-Westen“ leben die Guten.
Und selbstverständlich sind die ukrainischen Oligarchen lupenreine Demokraten und Fleißarbeiter – ihr Geld wurde nicht dem ukrainischen Volk geraubt. Für ein Land, welches im Korruptionsindex eher für eine Bananenrepublik steht, darf das nicht hinterfragt werden. Deshalb wohl auch der Ruf nach sofortiger Aufnahme in die EU. Mit deren Geld, welches wohl hauptsächlich deutsches Steuergeld wäre, ließe sich noch besser die Taschen stopfen.
Das sind doppelte Maßstäbe. Und es geht weiter. Eine einfache Eingabe in der allwissenden Suchmaschine zeigt die Anzahl der Kriege der Führungsnation der freien Welt.
Unglaublich, seit dem Ende des WK II gibt es kein Jahrzehnt, in denen die USA nicht mehrere Kriege geführt hat. Und dabei ist diese Liste noch nicht einmal vollständig. Die Operationen, bei denen die CIA die Hände im Spiel hatte, um unliebsame Regierungen zu stürzen, zählen da nicht mit.
Alles Kriege um den Völkern Freiheit und Demokratie zu bringen? Oder ging es doch eher um Einflusszonen, Rohstoffe und die Stützung des Petrodollars?
Wer zählt die Hekatomben von toten Zivilisten als Kollateralschäden? Wofür mussten sie alle sterben? Wo war die sogenannte Friedensbewegung all die Jahrzehnte?
Loge sitzen
Die Europäer überbieten sich in Sanktionsmaßnahmen ohne Rücksicht auf Verluste. Endlich haben die USA erreicht, was sie schon immer wollten, Nordstream 2 beerdigen um ihr teures und schmutzigeres Frackinggas in Europa zu verkaufen. Die Europäer, allen voran Deutschland kastrieren sich gerade selbst. Drohen Russland auch noch mit einem Importstopp der noch laufenden Öl- und Gaslieferungen. Laufen sie jetzt Amok? Mal sehen, wo zuerst die Lichter ausgehen.
Soviel sollte eigentlich klar sein, der Brandherd Ukraine wurde 2014 mit dem, von außen unterstützten, Putsch gelegt und seitdem wurde nichts unternommen, die dortigen Konflikte zu befrieden. Wenn eine Regierung Gesetze erlässt, die defacto die Sprache der Russen, die immerhin 30% der ukrainischen Bevölkerung ausmachen, verbietet, will sie keinen sozialen Frieden, sie will zündeln.
Der ukrainischen Regierung war die Rolle des nützlichen Idioten zugedacht. Dabei gab es von Anfang an nur zwei Möglichkeiten. Der Russe hält still und mit Salamitaktik wird die NATO in der Ukraine bis an die russische Grenze vorgeschoben – mission accomplished - die beste Lösung. Oder der Russe dreht durch und zieht den Stecker – Krieg in Europa, auch daran lässt sich für die Amerikaner Nutzen ziehen. Krieg haben wir jetzt und Putin wird dafür in der Hölle schmoren … aber wer sitzt Loge und ist der große Gewinner?
Die Perfidie der Amerikaner lässt sich gut am Vorschlag, polnische Mig29 umzulabeln und von polnischen Flughäfen mit ukrainischen Piloten starten zu lassen, ablesen. Die Polen haben diesen Trick durchschaut und vorgeschlagen, die Flugzeuge in Ramstein an die Amerikaner zu übergeben damit diese dann entsprechend tätig werden.
Der Vorschlag wurde abgelehnt. Die Frage ist berechtigt, wer hier ein Interesse an der Verschärfung oder Verlängerung des Konfliktes hat. Europa ist für die Amerikaner weit weg und schon immer nur das Einfallstor für die eurasische Landmasse gewesen.
Die von Russland vorgeschlagene Lösung, die Krim bleibt bei Russland, Donbass wird selbständig und Restukraine neutral, war von Anfang an keine Lösung oder sollte keine sein.
Nach allem, was man hört, ist dieser Krieg von der Ukraine militärisch nicht zu gewinnen und Putin wird nicht nachgeben. Warum muss dann durch Lieferung von Waffen dieser Krieg noch weiter in die Länge gezogen werden? Noch mehr Zerstörung, noch mehr Leid der Zivilbevölkerung. Die Menschen sind immer nur Spielball und Leidtragende im großen Spiel.
Russische Großmachtansprüche und die Ansprüche des „Werte-Westens“ auf Erweiterung seiner Einflusszonen und eine ukrainische Regierung, die unbedingt an der Macht bleiben will. Dazwischen werden die einfachen Menschen aufgerieben und ein ganzes Land zerstört. Früher wurden belagerte Städte bei einem aussichtslosen Kampf, zum Schutz der Menschen, übergeben – und das war ehrenvoll. Heute will der Westen die Ukraine bis zum letzten Ukrainer verteidigen.
Es verspricht ein schlimmes 2022 zu werden. Wir alle können nur hoffen, dass die Diplomatie wieder zur Vernunft kommt und das Grauen für die leidgeprüften Menschen in der Ukraine bald ein Ende hat.
Für uns im Westen wird danach zumindest der Krieg gegen Corona weiter gehen.