Die offiziellen Betroffenheitsbekundungen und Gedenkveranstaltungen sind abgehalten, Grund genug, einige Gedanken abseits des betreuten Denkens aufzuschreiben.

Die Entwicklungen und der Zustand des Nahen Ostens haben mit der Gründung des Staates Israel die Eigenschaften einer klassischen Tragödie angenommen. Eine Tragödie mit zwei zentralen Hauptfiguren. Das Schicksal der Juden und der islamischen Araber - unlösbar ins Unglück verstrickt.

Heute ist es müßig, das Henne-Ei-Problem lösen zu wollen. Wer, wann, wie und warum die Kette der Verfehlungen, Missverständnisse und Unglücke verursacht oder forciert hat, der Konflikt ist letztendlich unlösbar. Bereits die Herbeiführung der UN-Resolution, die dem Teilungsplan Palästinas und der Gründung Israels zugrunde lag, war eine schwere Geburt und nur auf Druck der USA und der dortigen einflussreichen jüdischen Lobby zustande gekommen. Die arabischen Staaten hatten den Teilungsplan schon immer abgelehnt. Noch in der Nacht nach der Ausrufung Israels erfolgte die Kriegserklärung der umliegenden arabischen Staaten gegenüber Israel. Die arabische Allianz verlor diesen Krieg mit dem Ergebnis, dass es nun auch nicht mehr den ursprünglich vorgesehenen arabischen Teilstaat Palästina gab und fast 800.000 Araber entweder vertrieben wurden oder flüchteten. Diejenigen, die damals nicht vertrieben wurden oder nicht flüchteten, blieben in Israel und ihre etwa zwei Millionen Nachkommen machen heute etwa ein Fünftel der Bevölkerung Israels aus. Der Vertriebenenstatus der damals Vertriebenen oder Geflohenen ist, ein Witz der Geschichte, erblich - sie werden also im Laufe der Zeit nicht weniger, sondern immer mehr. Die letzten nunmehr fast 8o Jahre waren eine ewige Abfolge von Kriegen und Auseinandersetzungen. Friedensbemühungen wurden stets von Hardlinern der einen oder anderen Seite regelmäßig vereitelt. Jetzt, insbesondere nach dem 7. Oktober 2023, ist eine sogenannte Zweistaatenlösung und auch jede andersgeartete friedliche Beilegung des Konflikts unmöglich geworden und die Chancen sind groß,  dass sich dies auch in den nächsten Jahrzehnten nicht ändern wird.

Egal, welche Seite sich wie entscheidet, die jeweils andere Seite hat stets – unterstützt durch an der Eskalation interessierten Einflüsterungen Dritter - alle Friedensbemühungen torpediert. Sei es der Bau von Raketen und deren Abschuss auf israelisches Gebiet durch die Hamas oder andere, sich „Befreiungsbewegungen für Palästina“ nennende Organisationen – sei es die widerrechtliche Inbesitznahme von Araberland im Westjordanland durch jüdische Siedler …. es finden sich immer wieder Gründe, den Konflikt am Laufen zu halten.

Die einen träumen von einem Palästina vom Fluss (Jordan) bis zur See (Mittelmeer) – also der Auslöschung Israels, die anderen, besonders extreme Kreise in Israel, von einem Großisrael vom Nil bis zum Euphrat.

Die offizielle Großerzählung stellt den derzeitig immer weiter eskalierenden Konflikt im Nahen Osten als Kampf zur Verteidigung des Existenzrechtes Israels dar.

Ob es einen Staat Israel ohne die Verbrechen des nationalsozialistischen Deutschlands an den europäischen Juden jemals gegeben hätte ist an dieser Stelle eine spekulative Fragestellung. Allerdings scheint es so zu sein, dass Israel den Fakt des millionenfachen Judenmordes in eine Art Gewohnheitsrecht zur Narrenfreiheit uminterpretiert.

Ursache oder Anlass ?

Plötzlich und unerwartet, so die offizielle Version, erfolgte der Überfall der Hamas auf friedliche Bürger Israels. Wirklich plötzlich und unerwartet? Einige Fragen sind dabei offen. Der israelische Geheimdienst sonnt sich gern in der Aura, als der beste der Welt zu gelten, die israelische Armee gilt als eine der schlagkräftigsten und reaktionsschnellsten der Welt…und die haben alle nichts gewusst und bemerkt? Wer`s glaubt. Die Hamas soll an 60 Stellen gleichzeitig eine der am besten überwachten Grenzen der Welt überwunden haben, sie hatte sechs Stunden Zeit, mehr als 1000 Menschen zu töten und mehr als 200 zu entführen. Keine Hilfe, außer einige Hubschrauber, die wahllos schossen. Bis heute ist, angeblich, nicht klar, wie viele Israelis auch im sogenannten „friendly fire“ umgekommen sind. Ich kann mich noch dunkel an meine Dienstzeit erinnern – bei einer Alarmübung war nach einer halben Stunde die Kaserne komplett geräumt. Es soll also nicht möglich gewesen sein, innerhalb von zwei bis drei Stunden eine Armeeeinheit in einem Land, in dem man in drei Stunden von einem Ende ans andere fahren kann, an den Ort des Überfalles zu verbringen? Als nach sechs Stunden endlich Armeeeinheiten eintrafen, konnte man nur noch die Toten zählen und den Entführten hinterher sehen.

Noch kurz nach diesen Ereignissen gab es Stimmen in Israel, die darüber berichteten, dass es eindeutige Hinweise auf eine kurz bevorstehende Provokation seitens der Hamas gab, es gab Stimmen, die die Frage stellten, warum gerade an diesem Tage der Schutz der Grenze so sträflich vernachlässigt worden ist. Die Beantwortung dieser Fragen wurde sehr schnell durch den Pulverdampf der israelischen Kriegshandlungen gegen Gaza obsolet. Um gar nicht erst weitere Fragen aufkommen zu lassen, ob der Überfall der Hamas nun die Ursache für das Zurückschlagen war oder doch eher der Anlass, das Problem Gaza ein für alle Mal zu klären, wurde die Geschichte vom „beispiellosen Versagen“ von Polizei, Geheimdienst und Armee verbreitet und die Aufarbeitung auf das Ende des Krieges vertagt – also auf den Sankt Nimmerleinstag.

Inzwischen eskaliert der Krieg immer weiter. Israel ist fest entschlossen, mit den Bedrohungen durch die Hamas oder der im Libanon beheimateten Hisbollah endgültig aufzuräumen – koste es, was es wolle.

Auf Europas Straßen, insbesondere auch in Deutschland, randaliert der palästinensische Mob, unterstützt durch linke, autochthone Krawallbrüder. Die besonders Mutigen unter den islamischen Extremisten fordern gleich einmal ungestraft das Kalifat in Deutschland. Nun, Strafe muss sein. Ist doch Deutschland in ihren Augen im besonderen Maße für die Existenz Israels verantwortlich, also muss es, so scheint es, genauso weg wie Israel und zum arabischen Siedlungsgebiet erklärt werden. Im Gegensatz zu Israel ist bei uns deutlich weniger Gegenwehr zu erwarten, die Deutschen, insbesondere die Westdeutschen, suhlen sich in ihrem Sündenstolz als Tätervolk. So gesehen sind die wenigen jüdischen Mitbürger in unserem Land die weitaus angenehmeren Zeitgenossen und die Juden als Volk und Israel als Staat sind um ihre Wehrhaftigkeit zu beneiden.

Die Art der Kriegsführung der Israelis ist deutlich zu verurteilen, sie hat die Anmutung von Rache und Vergeltung. Die Millionen Toten der Vergangenheit scheinen als Begründung missbraucht zu werden, sich heute alles erlauben zu können. Mit dem Totschlagargument des Antisemitismus, der allem und jeden unterstellt wird, der den Staat Israel oder auch nur seine Regierung kritisiert, hat man sich eine Art „Narrenfreiheit“ erkämpft. Alles, was Israel tut ist Gegenwehr und Selbstverteidigung und mithin erlaubt. Nein, ist es nicht. Doch ist der Ruf erst ruiniert, lebt sich´s gänzlich ungeniert.

Steigende Opferzahlen, steigender Hass

Im Gazastreifen leben etwa zwei Millionen Menschen auf einer Fläche etwa halb so groß wie Berlin. Innerhalb eines Jahres wurden 42.000 Menschen getötet, darunter 14.000 Kinder, es wurden mehr Gebäude zerstört als im gesamten bisherigen Ukrainekrieg im Donbass. Verletzte soll es fast 100.000 geben, wobei „verletzt“ bei verlorenen Gliedmaßen wohl eher ein Euphemismus ist. Die Zahlen sind letztendlich nicht vollständig verifizierbar. Israel behauptet, unter den Toten wären mehr als 20.000 Hamas-Kämpfer und die hohe Zahl der Kollateralschäden habe seine Ursache darin, dass die Hamas ihre Unterschlüpfe innerhalb ziviler Einrichtungen habe. Was sollen sie auch sonst sagen. Das behaupten die Russen auch von den Ukrainern bei hohen Verlusten unter Zivilisten. Aber 14.000 tote Kinder – das ist eine Hausnummer, dafür sollten sich die Helden der IDF (Israel Defence Forces) schämen.

Zum Vergleich: nach zweieinhalb Jahren Ukrainekrieg 11.000 tote Zivilisten, darunter 650 Kinder.

Nun, der Hass aufeinander wird sich weiter steigern, insbesondere im Gazastreifen werden es wohl in Bälde Hunderttausende potentielle Hamas-Kämpfer sein.

Frieden unwahrscheinlich

Die neueste Idee ist, zur Beilegung des Konfliktes eine Art Konföderation von Israelis und Palästinensern, unter einer gemeinsamen Verfassung im gemeinsamen Siedlungsgebiet,  unter teilweiser Preisgabe von Souveränitäten zu errichten. Eine tolle Idee von weltfremden Gutmenschen. Im Klartext: Juden und islamische Araber im Bevölkerungsverhältnis von etwa 50:50 leben friedlich zusammen? Dafür fehlt mir nach aller bisherigen Geschichte jegliche Phantasie. Diese Idee ist eine Totgeburt.

Der Nahostkonflikt ist der Konflikt für die Ewigkeit. Die Zahl der Kombattanten vergrößert sich immer mehr, die Einbeziehung des Iran in den Konflikt steht kurz bevor. Damit wären dann, einschließlich der jeweiligen Verbündeten, alle Protagonisten versammelt, einen weltweiten Großkonflikt zu entfesseln.

Die Gefahr, dass sich die biblischen Prophezeiungen eines Armageddon in diesem Gebiet erfüllen, ist heute so groß wie nie zuvor. Aussicht auf Mäßigungen und Einsichten gibt es derzeit nicht.